Vaskuläre Navigation

Navigationsverfahren sind in der Neurochirurgie fest etabliert und werden standardmässig bei Tumoreingriffen im Bereich des Gehirns oder bei stabilisierenden Operationen an der Wirbelsäule eingesetzt. Bei vaskulären Operationen werden sie allerdings bisher nur an wenigen Zentren weltweit eingesetzt. Die computerassistierte Neuronavigation ist eine elektronische Orientierungshilfe beim Operieren, indem vorab erstellte MRI- oder CT-Bilder des Patienten mit der Hautoberfläche in Beziehung gesetzt werden. Der Chirurg kann so jederzeit seine Position in Beziehung zu den anatomischen Strukturen überprüfen. Auf diese Weise werden Operationen präziser und sicherer.

Wie funktioniert die vaskuläre Navigation?

Ziel der vaskulären Navigation ist es, eine vaskuläre Pathologie wie eine Gefässstörung oder Gefässmissbildung (zum Beispiel ein Aneurysma oder eine arteriovenöse Malformation) zu berechnen und diese dann virtuell in exakt der Perspektive darzustellen, in welcher sich der Chirurg auf diese Stelle zubewegt.

Die vaskuläre Navigation ist dabei wesentlich komplexer als herkömmliche Navigationsverfahren und wird nur an wenigen Zentren angeboten. Der Grund dafür ist, dass oft mehrere bildgebende Verfahren zur Berechnung des dreidimensionalen Objekts kombiniert werden müssen: CT-Angiografie, MRI-Angiografie und digitale Substraktionsangiografie. Ausserdem müssen Informationen über den Blutfluss in der Gefässstörung mit einbezogen werden (v. a. bei arteriovenösen Malformationen).

Das dreidimensionale Objekt wird auf einem Bildschirm im Operationssaal angezeigt, kann aber auch direkt in das Heads-up-Display des Operationsmikroskops eingespielt werden. Letzteres wird als Augmented Reality bezeichnet, weil die Bilder der Navigation direkt über das normale Bild des Operationsmikroskops gelegt werden.

Wie wird die Navigation bei einer Operation eingesetzt?

Mit Hilfe der vaskulären Navigation kann der Chirurg am Beispiel einer Aneurysmaoperation zu jedem Zeitpunkt präzise die Position des Aneurysmas, die Lage der abgehenden Gefässe und die Risikostellen am Aneurysmasack sehen, bevor die eigentliche Freilegung des Aneurysmas bei der Operation erfolgt. Die Vorteile dieses Navigationsverfahrens sind eine gezieltere und damit weniger invasive Präparation sowie eine geringere Manipulation am Aneurysma selbst *.

Ohne die vaskuläre Navigation müsste der Chirurg alle abzweigenden Gefässe des Aneurysmas freilegen. Dank der vaskulären Navigation kann die Freilegung gezielt an den benötigten Stellen erfolgen. Das Verfahren bedeutet also für den Patienten weniger Invasivität und mehr Sicherheit bei der Operation.

Bei einer Bypassoperation hilft die vaskuläre Navigation bei der Suche nach einem geeigneten Spender- und Empfängergefäss *. Die Operation kann dadurch schneller, weniger invasiv und gezielter durchgeführt werden.

Referenzen

  1. Raabe A, Beck J, Rohde S, Berkefeld J, Seifert V. Three-dimensional rotational angiography guidance for aneurysm surgery. Journal of Neurosurgery. 1. September 2006;105(3):406–11.

  2. Rychen J, Goldberg J, Raabe A, Bervini D. Augmented Reality in Superficial Temporal Artery to Middle Cerebral Artery Bypass Surgery: Technical Note. Oper Neurosurg (Hagerstown). 1. April 2020;18(4):444–50.