In einer gemeinsamen Studie mit der Carl Zeiss Meditec AG haben Forschende der Universitätsklinik für Neurochirurgie am Inselspital, Universitätsspital Bern, gezeigt, wie Künstliche Intelligenz (KI) und Robotik die mikrochirurgische Praxis künftig unterstützen können. Die Ergebnisse wurden im renommierten Fachjournal Neurosurgical Focus veröffentlicht und als Titelbeitrag der Juli-Ausgabe 2025 ausgezeichnet.

Automatisierte Mikroskopsteuerung optimiert chirurgische Abläufe

Operationsmikroskope liefern bei mikrochirurgischen Eingriffen eine vergrösserte, gestochen scharfe Visualisierung sowie eine optimale Ausleuchtung des Operationsfeldes – beides unverzichtbare Voraussetzungen für sicheres und präzises Operieren im Millimeterbereich an Gehirn und Wirbelsäule. Um diese optimale Sicht zu gewährleisten, muss das Mikroskop während der Operation regelmässig manuell vom Chirurgen nachjustiert werden – eine feinmotorisch anspruchsvolle Aufgabe, die Konzentration erfordert und den chirurgischen Arbeitsfluss unterbrechen kann.

In einer präklinischen Studie wurde nun ein neuartiges, robotergestütztes Assistenzsystem getestet, das mithilfe von KI den zu operierenden Bereich automatisch erkennt, indem es die Position der chirurgischen Instrumentenspitzen lokalisiert und das Sichtfeld des Mikroskops automatisch und robotergesteuert neu zentriert.

Im Vergleich zur herkömmlichen Steuerung über Handgriff oder Mundschalter zeigte das System eine signifikante Reduktion kognitiver und physischer Belastung, weniger Unterbrechungen im Arbeitsfluss sowie eine verlängerte effektive Operationszeit – bei gleichzeitig präziserer Zentrierung des Blickfelds.

Ein Ausblick in die Zukunft der Neurochirurgie

«Diese Arbeit zeigt exemplarisch, wie intelligente Assistenzsysteme chirurgische Abläufe optimieren können, nicht um den Menschen zu ersetzen, sondern um ihn im entscheidenden Moment gezielt zu unterstützen und zu entlasten, sodass sich Chirurgen noch stärker auf die eigentliche Operation konzentrieren können», sagt Dr. med. Michael Murek, Neurochirurg und Co-Erstautor der Publikation.

«Unser Projekt hebt das große Potenzial hervor, das die Kombination von Künstlicher Intelligenz und Robotik für die Neurochirurgie bietet. Es verdeutlicht zudem, wie entscheidend die enge Zusammenarbeit zwischen Forschung, Kliniken und der Industrie für die Innovation in der Medizintechnik ist», ergänzt Dr.-Ing. Markus Philipp, Co-Erstautor und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Vorausentwicklung bei ZEISS.

Das System wurde zunächst in einem Phantom-Modell erfolgreich getestet; weiterführende klinische Studien sind bereits in Planung. Neben der Neurochirurgie könnten künftig auch andere mikrochirurgische Fachbereiche – wie etwa die Ophthalmologie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, plastische Chirurgie oder die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – von solchen technologischen Fortschritten profitieren.

Publikation

Murek M, Philipp M, Gutt-Will M, et al. Streamlining microsurgical procedures: a phantom trial of an artificial intelligence-driven robotic microscope assistant. Neurosurg Focus. 2025;59(1):E2. doi:10.3171/2025.4.FOCUS25142

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