Spinale Neuronavigation

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Bei der Neuronavigation handelt es sich um ein computerunterstütztes Verfahren, das dem Neurochirurgen Bilddaten eines Patienten auf den Operationssitus überträgt und wie ein GPS eine millimetergenaue Orientierung am Gehirn oder der Wirbelsäule ermöglicht. Neben der klassischen Neuronavigation für den Schädel hat sich in den letzten Jahren auch die Neuronavigation bei Eingriffen an der Wirbelsäule zunehmend durchgesetzt. Wo man früher während der Operation wiederholt röntgen musste, werden dem Chirurgen heute verschiedene 3D-Darstellungen der anatomischen Verhältnisse am Bildschirm angezeigt, welche er während der Operation einsetzen kann. Auch die Position der Operationsinstrumente kann registriert und während der Operation ohne Zeitverzögerung auf den Monitor des Chirurgen projiziert werden. Dies ist besonders hilfreich, um beispielsweise Schrauben bei anatomisch unübersichtlichen Verhältnissen präzise in der Wirbelsäule zu implantieren.

Wie hat sich die spinale Neuronavigation entwickelt?

Die spinale Neuronavigation hat sich aus der rahmenlosen Stereotaxie beim Schädel entwickelt. Da sich die Wirbelsäule in sich bewegt, war es zum Beginn der spinalen Neuronavigation schwierig, eine ausreichende Genauigkeit zu erzielen.

Nach anfänglichen Problemen etablierten sich anatomische Landmarken, veröffentlicht durch Foley und Smith Mitte der 90er Jahre *, *, die als Orientierungspunkte dienen. Mit der Nutzung anatomischer Oberflächenmarker direkt an der Wirbelsäule, im Vergleich zu auf der Haut aufgesetzten Markern, verbesserte sich die Präzision bei Wirbelsäulenoperationen erheblich. Das Prinzip der Oberflächenregistrierung anatomischer Landmarken direkt an der Wirbelsäule wurde in den folgenden Jahren erheblich weiterentwickelt.

Auch auf dem Gebiet der CT- und röntgenbasierten Registrierung gab es grosse Fortschritte. So wird bei der CT-basierten Registrierung direkt vor der Operation bei dem schon gelagerten Patienten eine Comutertomografie (CT) durchgeführt. Die so gewonnenen CT-Bilder können direkt an das Navigationssystem geschickt und für die Operation genutzt werden. Die dadurch erzielte Genauigkeit macht auch komplexe Eingriffe an der gesamten Wirbelsäule möglich.

Wie wird die spinale Neuronavigation eingesetzt?

Es gibt unterschiedliche spinale Neuronavigationssysteme. Beispielsweise kann ein vor der Operation mittels Computertomografie gewonnenes 3D-Bild der Wirbelsäule mit einem intraoperativen 3D-Röntgenbild der Wirbelsäule fusioniert werden. Software-Algorithmen fusionieren die dreidimensionale Matrix des Röntgenbilds mit den Bildern des präoperativen CT-Datensatzes. Dies wurde früher häufig genutzt.

Inzwischen kann aufgrund einer Weiterentwicklung der Navigationssoftware auch ein Oberflächenabgleich am Knochen des Patienten direkt mit präoperativ gewonnenen CT-Bildern erfolgen. Hierbei wird der Knochen des Wirbelkörpers mit dem CT-Bild abgeglichen und die Daten daraus intraoperativ auf den Operationsmonitor übertragen. So ist es möglich, dass der Chirurg die Position seiner Instrumente und die Lage eingebrachter Schrauben in Echtzeit an einem dreidimensionalen Datensatz der Wirbelsäule verfolgen kann.

Die CT-basierte spinale Navigation mit intraoperativem CT (Airo®) wird in unserer Klinik standardmässig eingesetzt. Nach Intubation des Patienten und Lagerung auf dem Operationstisch wird zunächst ein Referenzstern an der Wirbelsäule des Patienten befestigt, bevor ein intraoperatives CT für die Navigation durchgeführt wird. Durch die Kommunikation zwischen der CT- und der Navigationssoftware können die so erhaltenen Bilder direkt für die Operation bereitgestellt werden. Sie sind die Grundlage für eine hochpräzise Navigationsgenauigkeit. Nach Implantation der Schrauben und Implantate wird standardmässig noch während der Narkose ein zweiter intraoperativer CT-Scan zur Qualitätssicherung durchgeführt. Eine mögliche Schraubenfehllage könnte somit umgehend revidiert werden. Unseren Patienten kann so eine nachträgliche Revisionsoperation erspart werden.

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Diese Technologie wird in unserer Klinik auch bei minimalinvasiven Eingriffen an der Wirbelsäule eingesetzt.

Was sind die Vorteile der spinalen Neuronavigation?

Erhöhte Genauigkeit

Eine Arbeitsgruppe um Shin und Kollegen hatte eine systematische Analyse zur spinalen Navigation bei Schraubenimplantationen an der Wirbelsäule durchgeführt *. In dieser Untersuchung wurden navigierte mit nichtnavigierten Schraubeninsertionen verglichen. Dazu wurden die korrekte Lage implantierter Schrauben sowie die Komplikationen beider Verfahren geprüft. Beim Vergleich von 20 Studien zeigte sich, dass das Risiko einer Schraubenfehllage bei navigierten Operationen nur bei 6 %, während das Risiko bei konventionellen Operationen bei 15 % lag. Zudem kam es bei den navigierten Schraubenoperationen zu keinerlei neurologischen Komplikationen.

Auch andere Studienm wie beispielsweise die der Arbeitsgruppe von Richter et al. * oder von Fichtner et al. * zeigten eine sichere transpedikuläre Schraubenlage mit höherer Genauigkeit durch die spinale Navigation.

Geringere Strahlenbelastung

Durch das Navigationssystem kann ausserdem auch die Strahlendosis, sowohl für den Patienten als auch für das Chirurgenteam, auf ein Minimum reduziert werden *.

Referenzen

  1. Foley KT, Smith MM. Image-guided spine surgery. Neurosurg Clin N Am. 1996;7:171-186.

  2. Stereotactic applications in spine surgery. Contemporary Update on Disorders of the Spine. Foley KT, Smith KR, Bucholz RD. The Spine Ctr, Snowbird, Utah: January 1994.

  3. Shin BJ, James AR, Njoku IU, Härtl R. Pedicle screw navigation: a systematic review and meta-analysis of perforation risk for computer-navigated versus freehand insertion. J Neurosurg Spine. 2012;17:113-122.

  4. Richter M, Cakir B, Schmidt R. Cervical pedicle screws: conventional versus computer-assisted placement of cannulated screws. Spine (Phila Pa 1976). 2005;30:2280-2287.

  5. Fichtner J, Hofmann N, Rienmüller A et al. Revision Rate of Misplaced Pedicle Screws of the Thoracolumbar Spine-Comparison of Three-Dimensional Fluoroscopy Navigation with Freehand Placement: A Systematic Analysis and Review of the Literature. World Neurosurg. 2018;109:e24-e32.

  6. Schuetze K, Eickhoff A, Dehner C, Schultheiss M, Gebhard F, Richter PH. Radiation exposure for the surgical team in a hybrid-operating room. J Robot Surg. 2019;13:91-98.