Neuronavigation ist ein computergestütztes Verfahren, das präzises Navigieren im Gehirn und an der Wirbelsäule ermöglicht. Dabei werden Bilder aus einer Computertomografie oder Magnetresonanztomografie mit spezieller Software zu dreidimensionalen Modellen verarbeitet, die während der Operation genutzt werden. So lassen sich anatomische Strukturen und die Instrumentenführung direkt am Bildschirm darstellen – auch bei komplexen Eingriffen an der Wirbelsäule.
Wie hat sich die spinale Neuronavigation entwickelt?
Die spinale Neuronavigation entwickelte sich aus der rahmenlosen Stereotaxie am Schädel. Da die Wirbelsäule sehr beweglich ist, war anfangs eine präzise Navigation schwierig. Ab Mitte der 1990er Jahre verbesserten anatomische Landmarken direkt an der Wirbelsäule die Genauigkeit deutlich *, *. Später kamen CT- und röntgenbasierte Verfahren hinzu, bei denen Bilddaten direkt ins Navigationssystem übertragen werden. Diese Fortschritte ermöglichen heute hochpräzise Eingriffe an der gesamten Wirbelsäule.
Welche Vorteile bietet die spinale Neuronavigation?
Verbesserte Präzision
Die spinale Neuronavigation erhöht die Sicherheit und Genauigkeit bei Wirbelsäulenoperationen. Studien zeigen, dass Schrauben mit Navigation deutlich präziser eingesetzt werden können: In einer grossen Analyse lag das Risiko einer Fehlplatzierung bei nur 6 %, während es bei der herkömmlichen Methode 15 % betrug – ohne neurologische Komplikationen *. Auch weitere Studien bestätigen, dass die Navigation eine zuverlässigere und sichere Schraubenlage ermöglicht *, *.
Geringere Strahlenbelastung
Ein zusätzlicher Vorteil ist die deutlich geringere Strahlenbelastung: Dank des Navigationssystems kann die Strahlendosis für Patienten wie auch für das Operationsteam auf ein Minimum reduziert werden *.

Wie wird die spinale Neuronavigation eingesetzt?
Es gibt unterschiedliche spinale Neuronavigationssysteme.
Früher wurden präoperative Computertomografie-Bilder mit während der Operation aufgenommenen 3D-Röntgenbildern kombiniert.
Heute kann die moderne Navigationssoftware direkt die Oberfläche des Wirbelkörpers mit zuvor erstellten CT-Daten abgleichen und die Daten während der Operation auf den OP-Monitor übertragen. So sieht der Chirurg die Position seiner Instrumente und die der eingesetzten Schrauben in Echtzeit im dreidimensionalen Bild der Wirbelsäule. Eingriffe an der Wirbelsäule können so noch präziser und sicherer durchgeführt werden.
Am Inselspital: Intraoperative Computertomografie (iCT)
In unserer Klinik für Neurochirurgie wird standardmässig die CT-basierte spinale Navigation mit intraoperativem CT (Airo®) eingesetzt. Nach der Narkose und Lagerung des Patienten wird ein Referenzstern an der Wirbelsäule befestigt und ein CT-Scan durchgeführt. Die so gewonnenen Bilder stehen sofort für die Navigation zur Verfügung und ermöglichen eine hochpräzise Platzierung von Schrauben und Implantaten.
Zur Sicherheit erfolgt noch während der Operation ein zweiter CT-Scan. So können mögliche Fehllagen sofort erkannt und korrigiert werden – erneute Operationen lassen sich dadurch in vielen Fällen vermeiden. Dieses Verfahren ist auch bei minimalinvasiven Wirbelsäuleneingriffen unser Standard.
Referenzen
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