In der Schweiz leiden schätzungsweise bis zu 1 Million Menschen an Migräne. Migräne zählt wie der Cluster-Kopfschmerz zu den anfallsartigen Kopfschmerzen. In den meisten Fällen kann eine Migräne erfolgreich medikamentös behandelt werden. Wenn Migräneschmerzen chronisch auftreten und Medikamente nicht wirken, gibt es funktionelle neurochirurgische Behandlungsmöglichkeiten wie die okzipitale Nervenstimulation.

Was ist eine Migräne?

Eine Migräne ist gekennzeichnet durch meist halbseitige, anfallsartige, pulsierende Kopfschmerzen. Häufig sind die Kopfschmerzen begleitet von vegetativen Begleitsymptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Lichtempfindlichkeit. Ein typischer Migräneanfall dauert in der Regel zwischen mehreren Stunden bis zu 3 Tagen.

In einigen Fällen kann Migräne auch chronisch auftreten. Dann leiden Patienten an mehr als 15 Tagen im Monat in mindestens drei aufeinanderfolgenden Monaten an Migränekopfschmerzen. Schätzungsweise 2 % der Bevölkerung sind von chronischer Migräne betroffen *.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie ist immer die erste Wahl bei der Behandlung einer Migräne. Man unterscheidet dabei Medikamente zur akuten Anfallsbehandlung (nichtsteroidale Antiphlogistika wie Ibuprofen oder Triptane) sowie Medikamente zur Rückfallprophylaxe (Metoprolol, Flunarizin, Topiramat etc.). Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen sollte die medikamentöse Behandlung durch einen erfahrenen Neurologen erfolgen und überwacht werden.

Neuromodulation – okzipitale Nervenstimulation

Tritt eine Migräne chronisch auf und spricht nur unzureichend auf die medikamentöse Therapie an, so kann ein neuromodulatorisches Verfahren erwogen werden. Die okzipitale Nervenstimulation (ONS) ist dann eine mögliche Behandlungsalternative.

Bei der ONS erfolgt die Einlage von Elektroden im Bereich des Hinterhaupts unter der Haut im Unterhauptfettgewebe (siehe Abbildung). Ziel ist hierbei die Stimulation des grossen und kleinen Hinterhauptnervs (Okzipitalnerven). Die Elektroden werden an einen Schrittmacher angeschlossen, der in der Regel unterhalb des Schlüsselbeins implantiert wird. 

Studienlage zur okzipitalen Nervenstimulation (ONS)

Bislang sind nur wenige qualitativ hochwertige Studien zur Überprüfung der Wirksamkeit der ONS bei chronischer Migräne veröffentlicht worden. Insgesamt zeigen die bisherigen randomisierten, kontrollierten Studien sowie prospektive Kohortenstudien einen moderaten Effekt der ONS bei der Behandlung der chronischen Migräne.

Die bislang grösste multizentrische, randomisierte, kontrollierte Studie wurde 2012 von Silberstein et al. in den USA durchgeführt. Nach erfolgreicher Testphase wurden Patienten in zwei Gruppen eingeteilt, Gruppe A mit aktiver Stimulation und Gruppe B mit ausgeschalteter Stimulation. Die Patienten mussten ein Schmerztagebuch führen. Nach 12 Wochen wurden die Ergebnisse der beiden Gruppen verglichen. Dabei zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen, wenn man die Ansprechrate streng definiert (mindestens 50%ige Schmerzreduktion). In Gruppe A (aktive Stimulation) erfüllten dies 17 % der Patienten verglichen mit 13,5 % in Gruppe B (inaktive Stimulation). Allerdings konnte die Studie insgesamt einen signifikanten Unterschied bei der Schmerzreduktion von zumindest 30 % nachweisen: 40 % in Gruppe A (aktive Stimulation) versus 16 % in Gruppe B (inaktive Stimulation). Darüber hinaus konnte bei den Patienten die Anzahl der Schmerzattacken pro Monat deutlich reduziert werden *.

Zusätzlich zeigten mehrere prospektive Kohortenstudien den Langzeiteffekt der Therapie*.

Erwähnenswert ist eine jüngere Arbeit der Gruppe der Funktionellen Chirurgie aus Oxford, die die Ergebnisse einer neuen Stimulationsform in Zusammenhang mit der Okzipitalnervenstimulation präsentiert. Die Kollegen haben dabei eine Burst-Stimulation des Okzipitalnerven durchgeführt. Die Ergebnisse zur Behandlung der chronischen Migräne sind insgesamt durchwachsen. Interessanterweise gibt es aber eine Untergruppe von Patienten, die überhaupt nicht auf die ONS anspricht, sowie eine Untergruppe von Patienten mit sehr gutem Ansprechen und einer Reduktion der Anfallsfrequenz um bis zu 90 %. *

Referenzen

  1. Saper JR, Dodick DW, Silberstein SD et al. Occipital nerve stimulation for the treatment of intractable chronic migraine headache: ONSTIM feasibility study. Cephalalgia. 2011;31:271-285.

  2. Silberstein SD, Dodick DW, Saper J et al. Safety and efficacy of peripheral nerve stimulation of the occipital nerves for the management of chronic migraine: results from a randomized, multicenter, double-blinded, controlled study. Cephalalgia. 2012;32:1165-1179.

  3. Miller S, Watkins L, Matharu M. Long-term outcomes of occipital nerve stimulation for chronic migraine: a cohort of 53 patients. J Headache Pain. 2016;17:68.

  4. Garcia-Ortega R, Edwards T, Moir L, Aziz TZ, Green AL, FitzGerald JJ. Burst Occipital Nerve Stimulation for Chronic Migraine and Chronic Cluster Headache. Neuromodulation. 2019 Jul;22(5):638-644.