Cluster-Kopfschmerzen

Cluster-Kopfschmerzen zählen zu den am stärksten empfundenen Kopfschmerzen überhaupt. Ihren Namen tragen sie, da die Kopfschmerzattacken in der Regel gehäuft in Clustern auftreten. Cluster-Kopfschmerzen können in den meisten Fällen erfolgreich medikamentös behandelt werden. Wenn sie chronisch auftreten und Medikamente nicht wirken, gibt es funktionelle neurochirurgische Behandlungsmöglichkeiten wie die okzipitale Nervenstimulation (ONS) und die tiefe Hirnstimulation (DBS von engl. Deep Brain Stimulation).

9,0 von 10
Bestnote in der Weiterempfehlung durch unsere Patienten
3
spezifisch ausgebildete Pain Nurses
240
funktionelle Eingriffe pro Jahr

Was sind chronische Cluster-Kopfschmerzen?

Cluster-Kopfschmerzen zählen zu den als am stärksten empfundenen Kopfschmerzen. Sie äussern sich in streng einseitigen, attackenartig auftretenden, heftigen Schmerzen meist im Bereich der Stirn, der Augen und des Oberkiefers. Häufig treten sie nachts auf. Die jeweiligen Kopfschmerzattacken treten gehäuft in Clustern auf, gefolgt von beschwerdefreien Perioden. Zu den Kopfschmerzen selbst kommen vegetative Begleitsymptome wie tränende Augen, laufende Nase oder Schwellungen am Auge. Treten die Schmerzen täglich ohne schmerzfreie Episoden auf, spricht man von chronischen Cluster-Kopfschmerzen*.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie ist die erste Wahl zur Behandlung von Cluster-Kopfschmerzen. Man unterscheidet Medikamente zur akuten Anfallsbehandlung (Triptane, Sauerstoff-Inhalation) sowie Medikamente zur Rückfallprophylaxe (Verapamil, Ergotamin, Lithium, Topiramat). Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen sollte die medikamentöse Behandlung durch einen erfahrenen Neurologen erfolgen und überwacht werden.

Neuromodulation

Treten Cluster-Kopfschmerzen chronisch auf und sprechen nur unzureichend auf eine Medikamentengabe an, kann ein neuromodulatorisches Verfahren erwogen werden. Bei Cluster-Kopfschmerzen kommen als mögliche wirksame Behandlungsalternativen sowohl die okzipitale Nervenstimulation (ONS) als auch die tiefe Hirnstimulation (DBS) in Frage *. Bei der ONS erfolgt die Einlage von Elektroden im Bereich des Hinterhaupts unter der Haut im Unterhauptfettgewebe (siehe Abbildung). Ziel ist hierbei die Stimulation des grossen und kleinen Hinterhauptnervs (Okzipitalnerv). Die Elektroden werden an einen Schrittmacher angeschlossen, der in der Regel unterhalb des Schlüsselbeins implantiert wird. 

Studienlage

Okzipitalnervenstimulation (ONS)

Eine jüngst veröffentlichte gross angelegte prospektive Studie aus den Niederlanden konnte die Wirksamkeit der Okzipitalnervenstimulation (ONS) belegen. Es wurden 131 Patienten mit chronischem Clusterkopfschmerz untersucht. Dabei konnte eine Verringerung der Häufigkeit der Kopfschmerzattacken von ca. 45–55 % je nach Stimulationsstärke festgestellt werden, wobei deutliche interindividuelle Ansprechraten bestanden. * Diese Ergebnisse entsprechen ungefähr denen älterer Studien. So zeigten mehrere Fallserien zur ONS mit jeweils 8–44 Patienten mit chronischem Cluster-Kopfschmerz eine Ansprechrate von ca. 64–77 %. Gewertet wurden dabei Patienten mit einer mindestens 50%igen Kopfschmerzreduktion *, *.

Tiefe Hirnstimulation (DBS)

Noch kleinere Fallserien wurden zur Behandlung des chronischen Cluster-Kopfschmerzes mit tiefer Hirnstimulation (DBS) veröffentlicht. Die bislang grösste prospektive Fallserie von Patienten mit chronischen Cluster-Kopfschmerzen aus London zeigte Resultate von 21 Patienten, bei denen alle anderen Therapiemassnahmen (zum Teil inklusive ONS) versagt hatten *. Die Kopfschmerzbelastung konnte bei diesen Patienten durchschnittlich um 68 % verringert werden, was sich mit den Ergebnissen der kleineren Fallserien von anderen Zentren deckt *, *, *.

Eine durch unsere Arbeitsgruppe durchgeführte Meta-Analyse bestätigt die hohe Erfolgsrate der tiefen Hirnstimulationbei chronischem Clusterkopfschmerz. Nach der Auswertung der Langzeitergebnisse von insgesamt 40 Patienten, die an insgesamt vier europäischen Zentren operiert wurden, zeigte sich eine Ansprechrate von 75 %. Das bedeutet, 75 % der Patienten zeigen eine mindestens 50%ige Kopfschmerzverringerung. Die Anzahl der durchschnittlichen Kopfschmerzattacken pro Woche wurde dabei langfristig um durchschnittlich 77 % gesenkt. Die Ergebnisse dieser Studie wurden 2020 publiziert *.

Die Tabelle zeigt die Ergebnisse dieser Meta-Analyse im Detail:

  • Die durchschnittliche Häufigkeit der Kopfschmerzattacken pro Woche verringerte sich nach tiefer Hirnstimulation von 36,8 auf 12,6 über den Gesamtbeobachtungszeitraum der Studie (44 Monate). Dies entspricht einer Verringerung von 77 %.
  • Die Kopfschmerzintensität verbesserte sich dabei von 8,2 auf 4,4 nach 12 Monaten und sogar auf 3,4 im längerfristigen Verlauf. Es konnte mit tiefer Hirnstimulation eine mehr als 50%ige Verringerung der Intensität der Schmerzen erreicht werden.
  • Auch die Dauer der Kopfschmerzattacken wurde deutlich gesenkt.

Insgesamt gab es eine Ansprechrate von 75 %, das heisst 75 % aller betroffenen Patienten zeigten eine mindestens 50%ige Kopfschmerzverringerung. Die Zahlen in den Klammern entsprechen der Steuerung (sog. 95 % Konfidenzintervall).

 Vor der Operation12 Monate
nach der Operation
Langzeitergebnis
Schmerzattacken
(Anzahl/Woche)
36,8
(31,2–40,3)
12,6
(6,5–18,6)
12,6
(4,9–20,3)
Schmerzintensität
(nach VAS-Schmerzskala 0–10)
8,2
(3,3–9,4)
4,4
(3,3–5,5)
3,4
(2,2–4,6)
Kopfschmerzdauer
(Minuten)
57,69
(43,4– 0,0)
25,7
(18,6–32,7)
20,4
(12,7–28,1)
% Verbesserung 77,0
(63,1–90,1)
77,0
(68,0–87,0)
Ansprechrate
(Verringerung des Kopfschmerzes
um mehr als 50 %)
 75 %
(60–86 %)
75 %
(60–86 %)

Die bildgebende Auswertung der Meta-Analyse ergab interessante Ergebnisse. Thalamus und Hypothalamus sind bekanntlich an der Schmerzverarbeitung beteiligt. Im Hirnstamm tritt der Trigeminusnerv aus, der ebenfalls bei der Clusterkopfschmerzentstehung eine Rolle spielt.

Die Elektrodenlage und das wirksame elektrische Feld der Stimulation bei den analysierten Patienten hat das sogenannte ventrale tegmentale Feld im Bereich des Mittelhirns aktiviert. Von anatomischen Studien weiss man, dass durch dieses Areal viele Nervenbündel ziehen, die den Thalamus und Hypothalamus mit dem Hirnstamm verbinden.

Die Modulation genau dieser Nervenfasern scheint also den Effekt der tiefen Hirnstimulation auf die Kopfschmerzunterdrückung auszumachen.

Referenzen

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