Plexustumoren sind sehr seltene Hirntumoren, die sich aus dem Plexus choroideus entwickeln, einem Geflecht von Epithelzellen, die das Ventrikelsystem auskleiden und das Hirnwasser (Liquor) produzieren. Die Zellen von Plexustumoren können unterschiedlich aggressiv wachsen. Bei den mehrheitlich gutartigen Tumoren handelt es sich um Plexuspapillome, bei den bösartig wachsenden Tumoren um Plexuskarzinome. Der Tumor tritt hauptsächlich bei Kindern und Jugendlichen auf – über 70 % der Plexuspapillome entstehen vor dem 3. Lebensjahr. Der Therapie der Wahl ist die Komplettresektion, der sich möglicherweise weitere notwendige Therapieschritte anschliessen.

Klinische Bedeutung

Es gibt sowohl gutartige als auch bösartige Plexustumoren. Grundsätzlich unterscheidet man gemäss der WHO-Klassifikation 3 Schwerheitsgrade bei diesen Tumoren:

  1. gutartiges Choroidplexuspapillom (CPP): WHO-Grad I
  2. mittelgradiges bösartiges atypisches Choroidplexuspapillom (APP): WHO-Grad II
  3. höhergradiges bösartiges Choroidplexuskarzinom (CPC): WHO-Grad III

Die unterschiedlichen Grade unterscheiden sich aufgrund ihrer feingeweblichen Merkmale und ihrer mitotischen Aktivität, also ihrer Zellteilungsabläufe und Zellreproduktion. Auch in der Bildgebung lassen sich typische Erscheinungsbilder der einzelnen Tumoren erkennen.

Alle Plexustumoren können über sogenannte Abtropfmetastasen im Körper streuen.

Bei der Tumorlokalisation besteht ein Unterschied je nach Erkrankungsalter. Bei Kindern ist meist eine supratentorielle Lage im linken Ventrikel zu beobachten. Bei Erwachsenen hingegen wächst der Tumor meist im 4. Ventrikel und ist somit infratentoriell lokalisiert. Es ist aber auch ein vereinzeltes Auftreten im Hirnparenchym, suprasellär und spinal beschrieben.

Wie häufig ist ein Plexustumor?

Plexuspapillome machen weniger als 0,5 % der intrakraniellen Tumoren aus. Damit sind sie im Vergleich zu anderen hirneigenen Tumoren wie beispielsweise Gliomen recht selten. Die jährliche Inzidenz wird auf circa 0,3 pro 1 000 000 Einwohner geschätzt. Sie kommen bei Männern etwas häufiger vor als bei Frauen, etwas im Verhältnis 1,2 : 1.

Plexuskarzinome werden im Vergleich zu den Plexuspapillomen noch seltener diagnostiziert (im Verhältnis 1 : 5). Plexustumoren treten vor allem im Säuglings- und Kindesalter auf. Das durchschnittliche Lebensalter bei Diagnosestellung beträgt 3,5 Jahre.

Was sind die Ursachen für einen Plexustumor?

Ein Plexustumor entsteht meist sporadisch. Jedoch ist bekannt, dass Patienten mit dem Li-Fraumeni-Syndrom häufiger an einem Choroidplexuskarzinom erkranken. Als Ursache dafür wird eine TP53-Mutation vermutet. Diese Mutation des Tumorsuppressorproteins TP53 kann auch bei anderen genetischen Erkrankungen oder sporadisch auftreten.

Abgesehen von erblichen Faktoren scheinen auch Veränderungen bestimmter Gene oder Chromosomen, eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Plexustumoren zu spielen. Modernste genetische Analysen haben 6 entsprechende Gene identifiziert (TWIST1, WIF1, AJAP1, BCLAF1, TRPM3, IL6ST).

Auch wird ein Zusammenhang mit einem bestimmten Signalübertragungsweg diskutiert, welcher an der Entstehung von Gliomen und embryonalen Tumoren beteiligt ist. Es handelt sich dabei um den sogenannten Notch-Signalweg oder engl. Notch pathway.

Man untersucht weiterhin die Methylierung bestimmter Genabschnitte, welche mit dem Verlust einer Tumorsuppressionsfunktion einhergeht

Welche Symptome verursacht ein Plexustumor?

Eine typische Symptomatik, anhand derer ein Plexustumor sicher festgestellt werden kann, gibt es nicht. Jedoch treten je nach Lokalisation des Tumors typische Zeichen auf:

  • Hydrozephalus
    Da Plexustumoren aus dem Plexus choroideus-Adergeflecht hervorgehen, das auch für die Bildung des Hirnwassers (Liquors) verantwortlich ist, bilden auch die Tumorzellen dieser Tumoren vermehrt Liquor. Aufgrund der Lokalisation des Plexustumors wird der normale Liquorfluss häufig zusätzlich eingeschränkt. Ein Hauptsymptom ist deshalb ein Hydrozephalus durch einen Aufstau von Hirnwasser. Bei bis zu 80 % der Patienten liegt ein solcher Hydrozephalus vor.
  • Hirndrucksymptomatik
    Der aufgestaute Liquor erhöht den Hirndruck und verursacht dabei sehr typische Symptome. Zu den Hirndruckzeichen zählen starke Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Ausserdem kann es zu einem Papillenödem, einem Ödem im Gewebe der Sehnervpapille, kommen. Ein weiteres schweres Symptom des erhöhten Hirndrucks sind Bewusstseinsstörungen.
  • Zusätzliche Zeichen
    Je nach Lokalisation des Tumors können weitere Symptome wie Hirnnervenausfälle oder Lähmungen auftreten.
  • Makrozephalie
    Bei Kindern ist ein weiteres Symptom die Makrozephalie. Damit bezeichnet man eine überdurchschnittliche Grösse des Schädels im Vergleich zum restlichen Körper. Hervorgerufen wird dies durch ein Auseinanderweichen der Schädelnähte (Suturen) und gespannte Fontanellen beim kindlichen Kopf.

Wie wird ein Plexustumor diagnostiziert?

Zur Diagnosestellung führen zunächst bildgebende Verfahren. Die Magnetresonanztomografie (MRT oder MRI von engl. Magnetic Resonance Imaging) des Schädels stellt dabei den Goldstandard dar. Hier zeigt sich nach Kontrastmittelgabe eine typische blumenkohlartige kontrastmittelaufnehmende Struktur im Bereich des Ventrikelsystems. In zusätzlichen Sequenzen sind auch multiple Flow Voids zu beobachten.

Zusätzlich können in der Computertomografie (CT) sehr häufig Verkalkungen dargestellt werden.

Die definitive Diagnose kann schlussendlich nur über eine histopathologische Untersuchung des Tumorgewebes gestellt werden, so dass immer eine Gewebegewinnung notwendig ist.

Wie wird ein Plexustumor behandelt?

Die komplette Entfernung des Tumors ist stets das Hauptziel. Diese wird bei uns am Inselspital mittels schonender mikrochirurgischer oder endoskopischer Verfahren durchgeführt.

Für die Planung und Durchführung der Operation werden unterstützende Techniken eingesetzt, welche die Genauigkeit, Gewebeschonung und Sicherheit noch weiter verbessern sollen. Dazu zählen unter anderem die Neuronavigation, das intraoperative Monitoring und intraoperative bildgebende Verfahren.

Aufgrund der meist intraventrikulären Lage der Tumoren sind verschiedene Zugangswege möglich mit unterschiedlichen Chancen und Risiken, so dass das jeweilige chirurgische Vorgehen individuell bei jedem Patienten geplant werden muss.

Bei einem bestehenden Hydrozephalus durch einen Liquorstau muss der Hirnwasserabfluss wiederhergestellt werden. Hier kann auch ein präoperativer Verschluss von Blutgefässen (Embolisation) in Betracht gezogen werden.

Bei einem WHO-Grad-I-Tumor bedeutet die komplette Resektion des Plexuspapilloms die Heilung für den Patienten. Bei einem rezidiviertem Tumorleiden oder einem Resttumor ist darum eine nochmalige Operation zu empfehlen. Die Prognose ist nach vollständiger Entfernung von Plexuspapillomen sehr gut und ein erneutes Tumorrezidiv sehr selten. Metaanalysen zeigen eine 1-, 5- und 10-Jahres-Überlebensrate von 90 %, 81 %, respektive 77 %. Die hohe Überlebenszeit in den neuen Studien ist auf die modernen Operationstechniken zurückzuführen, die eine vollständigere Resektion ermöglichen.

Bei Plexustumoren WHO-Grad II–III ist eine ergänzende Radio-Chemotherapie zu evaluieren. Die 5-Jahres-Rezidivrate bei einem Plexustumor mit WHO-Grad II ist 5-fach erhöht im Vergleich zu einem Plexuspapillom mit WHO-Grad I. Darum wird bei diesen Tumoren meistens eine Fortsetzung der Behandlung durch Bestrahlung oder Chemotherapie notwendig. Die Studienlage ist zu gering, um klare Empfehlungen für ein spezifisches Chemotherapeutikum auszusprechen, so dass bei uns stets ein individueller Entscheid im Rahmen unseres interdisziplinären neuroonkologischen Boards getroffen wird.

Warum Sie sich am Inselspital behandeln lassen sollten

Bei uns am Inselspital wird individuell für jeden Patienten die bestmögliche Behandlungsstrategie festgelegt. Dies geschieht im zertifizierten neuroonkologischen Tumorzentrum durch ein interdisziplinäres Team. Dieses sogenannte Tumor-Board, das wöchentlich stattfindet, setzt sich aus Spezialisten der Neurochirurgie, Neurologie, Neuroonkologie, Nuklearmedizin, Radioonkologie und Pathologie zusammen. Hier wird jeder Patient einzeln besprochen, um die für ihn optimalen Behandlungsmöglichkeiten zu bestimmen.

Für die Operation selbst nutzen wir innovative technische Verfahren wie die Neuronavigation und das sogenannte intraoperative Neuromonitoring. Diese neuen Errungenschaften sind ein Garant für maximale Präzision bei der Operation und höchste Sicherheit für unsere Patienten.

Weiterführende Literatur