Augmented Reality oder deutsch auch Erweiterte Realität ist eine digitale Technik, die die Realität mit zusätzlichen virtuellen Informationen ergänzt. Diese virtuellen Erweiterungen können Texte, Grafiken, Animationen, Videos, statische oder bewegte 3-D-Objekte sein. Der Nutzer kann die virtuellen Elemente mit Hilfe einer speziellen AR-Brille in seiner realen Umgebung wahrnehmen. Diese Technik ist vor allem im Gaming-Bereich bekannt, wird aber zunehmend auch in anderen Bereichen eingesetzt. So auch in der Medizin.
Das Unsichtbare sichtbar machen
Strukturen, Tumoren und Funktionszentren liegen in der Tiefe des Gehirns versteckt und sind für das blosse Auge nicht sichtbar. Das Gleiche gilt auch für Nerven oder Blutgefässe, die eingebettet und verborgen im Gewebe verlaufen. Wenn man sehr hoch aufgelöste Bilder von einer Magnetresonanztomografie (MRI) oder Computertomografie (CT) verwendet, lassen sich die Lage eines Tumors oder der Verlauf von Gefässen oder Nerven in einem 3D-Modell darstellen.
Wird dieses 3D-Modell exakt auf den Kopf des Patienten projiziert, kann man diese Daten in das Operationsmikroskop einblenden. Der Chirurg sieht dann beim Blick auf den Patienten nicht nur das reale Bild, sondern auch die Überlagerung durch unsichtbare Strukturen. Man spricht deshalb auch von einer Mixed Reality, also einer Mischung aus Wirklichkeit (der Patient) und Bild (der Tumor oder das Gefäss).
Dieses Verfahren ist für den Chirurgen äusserst hilfreich, da er so während der Operation genau über die Position wichtiger Strukturen des Gehirns oder der Wirbelsäule informiert ist. Hierdurch können während der Operation die Genauigkeit gesteigert werden, was wiederum eine höhere Sicherheit für den Patienten bedeutet und das Operationsergebnis verbessert.
Wie wird Augmented Reality in der Neurochirurgie eingesetzt?
Hirngefässchirurgie
Ein Einsatzgebiet für Augmented Reality ist die vaskuläre Navigation in der Hirngefässchirurgie. Hierdurch können während der Operation das Aufsuchen von Gefässen erleichtert sowie Gefässmissbildungen oder -erkrankungen gezielter operiert werden.
Tumorchirurgie
Generell gilt, dass bei einem neurochirurgischen Eingriff möglichst viel Tumorgewebe entfernt werden sollte. Der Tumor sollte radikal bis an die Grenze zum funktionierenden Hirngewebe entfernt werden. Da jedoch die Unterscheidung zwischen Tumor und gesundem Hirngewebe speziell im Randbereich oft schwierig ist, kommt auch hier ‒ neben anderen modernen Technologien ‒ die Augmented Reality zum Einsatz.
Das leistungsstarke Operationsmikroskop erlaubt millimetergenaue Feinarbeit am Gehirn. Die bereits vor der Operation eingezeichneten Faserbahnen, ebenso wie der Tumor selbst und weitere wichtige Zentren werden im Operationsmikroskop virtuell eingeblendet und auf die Kopfoberfläche projiziert. So kann sich der Chirurg besser orientieren und den Zugang zum Tumor massgeschneidert planen: so klein wie möglich, aber so gross wie nötig.
Wie entwickeln wir AR weiter?
Augmented Reality ist Forschungsschwerpunkt unserer Klinik. Gegenwärtig nutzen wir die Augmented Reality täglich bei Routineoperationen, indem wir Strukturen in das Okular des Operationsmikroskops einblenden. Aktuell forschen wir an der Verbesserung dieses Verfahrens. Ziel ist es, die Augmented Reality vom Operationsmikroskop loszulösen. Mit einer speziellen AR-Brille könnte man die Technologie auch ohne Mikroskop nutzen. Dies wäre bei Operationen an der Wirbelsäule hilfreich, bei denen der Chirurg den Bandscheibenvorfall oder eine Einengung im Spinalkanal millimetergenau erfassen und den kleinstmöglichen Zugang anwenden könnte. Wir sehen für die Zukunft ein grosses Potenzial in dieser Technik.