Am diesjährigen Kongress der European Association of Neurosurgical Societies (EANS) in Dublin erhält der Berner Arzt Prof. Dr. Andreas Raabe, Direktor und Chefarzt der Universitätsklinik für Neurochirurgie am Inselspital, Universitätsspital Bern, eine seltene Auszeichnung: Im Rahmen der Award-Session wird er die European Lecture halten. Den European Lecture Award hat sich Andreas Raabe namentlich mit zwei Erfindungen verdient, welche die Neurochirurgie weltweit verändert und die Patientensicherheit entscheidend verbessert haben.

Die Auszeichnung der European Lecture wird nicht alle Jahre vergeben. Sie geht an Persönlichkeiten, die mit ihrer langjährigen Forschungs- und Entwicklungstätigkeit dem Wissenschaftsfeld der Neurochirurgie entscheidende Impulse verliehen haben. Der Arzt, Forscher, Entdecker und Erfinder Prof. Dr. med. Andreas Raabe wird zum Thema «Knowledge, wisdom, technique, technology, and the quest for near zero morbidity» sprechen.

Die Neurochirurgie schnell und nachhaltig verändert

In der Neurochirurgie hat das Streben nach der Vermeidung von Komplikationen höchste Priorität. Schon die kleinsten Fehlmanipulationen bei Operationen am Gehirn und an Nervenbahnen können dramatische Auswirkungen haben. Die Suche gilt daher einer Komplikationsquote nahe null. Mit zwei Erfindungen hat Andreas Raabe entscheidend zu dieser Suche beigetragen. Prof. Dr. med. Jürgen Beck, ärztlicher Direktor der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Freiburg, ordnet die Leistung seines Kollegen so ein: «ICG-unterstütze Angiografie und Dynamic Mapping haben die Arbeit der Chirurgin und des Chirurgen durch eine ‘zusätzliche Hand’ und ein ‘zusätzliches Auge’ entscheidend verbessert. Die neuen Werkzeuge sind derart intuitiv in der Anwendung, dass Chirurginnen und Chirurgen sie ohne Weiteres in ihre Tätigkeit integrieren».

Vier Säulen für die Neurochirurgie

Die stete Verbesserung der Neurochirugie und somit der Patientensicherheit basiert auf den vier Säulen «Wissen», «Weisheit», «Technik» und «Technologie». Diese tragen, so Andreas Raabe, zur kontinuierlichen Entwicklung des Medizinfelds bei. Die Erhaltung des Wissenstands durch Auffrischung des Gelernten und der Aufnahme von neuem Wissen ist eine zentrale Aufgabe der Chirurginnen und Chirurgen. In Zeiten eines Informationsüberflusses sind dazu neue Rezepte unabdingbar. Hier kann wie auch im Operationssaal die Technologie einen Beitrag zur Qualitätsverbesserung leisten. Ein neues Softwareprinzip zum medizinischen Lernen ist daher auch Inhalt eines aktuellen Forschungsprojekts am Inselspital, Universitätsspital Bern. Der technologische Fortschritt ersetzt aber nicht die manuellen Fertigkeiten. Die Bedeutung der chirurgischen Technik ist und bleibt eine tragende Säule der Neurochirurgie – genauso wie die Weisheit, die auf der Basis von Erfahrung und Gelerntem den Fokus auf die Zukunft richten soll.

Innovationen erhöhen Patientensicherheit

Andreas Raabes besonderes Verdienst in der Neurochirurgie liegt in einem steten Streben nach Lösungen in praktischen Fragen und Problemstellungen der Patientensicherheit. So ist Andreas Raabe verantwortlich für die Erfindung und marktreife Entwicklung des dynamischen, kontinuierlichen Mappings mittels Sonde während einer neurochirurgischen Hirnoperation. Es handelt sich hierbei um eine spezielle Sonde, die in der Lage ist, während der operativen Entfernung von Tumorgewebe, eine sichere Distanz zum Gewebe der Bewegungsbahn anzuzeigen. Nähert sich der Operateur während der Resektion von Tumorgewebe kritisch der intakten Bewegungsbahn, ertönt ein warnendes Klopfgeräusch. Stärkere Bewegungsstörungen aufgrund unbeabsichtigter Verletzungen des gesunden Gehirngewebes bei Operationen dieses speziellen Tumortyps konnten mit Hilfe der Sonde von 10 % auf 5 % der Fälle halbiert werden.

Eine weitere Erfindung ist die strahlenlose Gefässdarstellung (Indozyanin-Angiografie) bei der Resektion von Aneurysmen. Sie hilft, nicht optimale Resultate schon während der Operation zu identifizieren und damit Hirnschläge und/oder inkomplette Aneurysmaklippungen zu vermeiden. Auch diese Methode hat die Patientensicherheit weltweit verbessert und hat geholfen die Komplikationsquote von 10 % auf 3 % zu reduzieren.

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